noia - sie ist nicht effizient. Ich liebe es auch nicht zu töten, um ein kaputtes System aufrecht zu erhalten. Aber das ist alles akademisch. Hier und jetzt muß ich dieser Kette - wenn es eine ist - bis zu ihrem Ende nachgehen. Und mich mit dem auseinandersetzen, was ich dort finde.«

»Ja.«

»Sie haben angenommen, daß sich der Projektor in einem Umkreis von fünfzehn Metern befindet, weil das bei dem letzten auch der Fall war. Das muß nicht notwendigerweise daraus folgen.«

»Verdammt bessere Chance, ihn zu finden, als fünf Kilometer weit draußen zu suchen.«

»Ja. Ich habe knapp fünf Kilometer zurückgelegt. Der Schnee verdeckt alle Spuren.«

»Vielleicht ist er versteckt - in einem hohlen Baum oder unter einem Felsbrocken oder sowas. Weil wir schließlich Winter haben.«

»Gute Idee. Ich werde es überprüfen.« Sie entfernte sich wieder. Sie fand ihn. Der Hügel darüber verriet ihn. Ein weiterer Öffnungsprojektor, den anderen sehr ähnlich.

»Sie können immer noch zurückgehen«, sagte sie zu Veg.

»Ich werde neugierig«, antwortete er. »Gehen wir. Es ist kalt hier.«

Sie zuckte die Achseln und stellte das Gerät an. Sie traten hindurch.

Veg wappnete sich gegen extreme Klima- oder Ortsverhältnisse - heiß, kalt, üppig, öd, Metropolis, Wildnis. Und stand der Realität verblüfft und völlig ungewappnet gegenüber.

Es war ein fremdrassiges Orchester.

Die Instrumente waren herkömmlich, sogar archa-

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isch: Streichinstrumente, Blasinstrumente, Pauken. Für sein untrainiertes Ohr war die Technik makellos. Die Melodie war voller Leidenschaft, rührte Kopf, Herz und Bauch. Lediglich die Musiker waren fremd.

Tamme blickte sich wachsam um, so verwirrt wie er. Veg wußte, daß sie nach dem nächsten Projektor Ausschau hielt.

Es war nichts von ihm zu sehen.

Unterdessen spielte das fremde Orchester weiter, ohne von den Eindringlingen Kenntnis zu nehmen. Die Geiger hatten mindestens zwölf Gliedmaßen, die in einen einzigen Finger ausliefen. Diese Finger huschten über die Saiten und veränderten die Tonhöhe. Ein halbes Dutzend Finger ballte sich zusammen, um den Bogen zu halten. Die Kreaturen an den Flöten waren vogelartig und besaßen tüllenartige Münder mit kiemenartigen Öffnungen im Hals, durch die abwechselnd Luft geholt wurde, so daß immer Druck vorhanden war. Die an den Pauken hatten Arme, die in harte Kugeln auf biegsamen Sehnen ausliefen. Sie brauchten keine Schlagstöcke zu halten.

Veg fragte sich, ob die Wesen für die Instrumente oder die Instrumente für die Kreaturen geschaffen worden waren. Wenn letzteres der Fall war, was sinnvoller erschien, was sagte das über die Musik auf der Erde aus? Menschliche Wesen, die sich Instrumenten anpaßten, welche für Fremde entworfen waren? Dies würde einen ausgeprägten Übergang zwischen Alternativwelten bedeuten.

Er versuchte zu sprechen, aber die Musik war zu laut. Sie drang von allen Seiten auf sie ein, so daß er sein eigenes Wort nicht verstehen konnte. Nicht weiter verwunderlich, denn sie waren beide ganz offensichtlich mitten im Orchestergraben gelandet, mochte er auch noch so riesig sein. Sie mußten raus aus ihm, bevor sie

sich verständigen konnten.

Er blickte sich nach dem Rand des Grabens um - und sah lediglich weitere Musiker. Sie waren wirklich sehr in ihre Musik vertieft, denn sonst hätten sie so seltsame Wesen, als die er und Tamme ihnen erscheinen mußten, kaum ignoriert. Er schickte sich an, zwischen den Spielern hindurchzugehen, aber eine Hand auf seinem Arm hielt ihn zurück. Es war Tamme, die den Kopf schüttelte.

»Nein.«

Er begriff, warum: Ihr gegenwärtiger Aufenthaltsort hatte keine unverwechselbaren Merkmale an sich, so daß sie ihn nicht wiederfinden mochten. Außerdem konnten sie sich gegenseitig verlieren, wenn sie getrennt blieben. Dieses Orchester schien kein Ende zu nehmen!

Tamme deutete auf eine Stelle am Boden.

»Bleiben Sie hier!« wiederholte sie mehrmals, bis er die Worte von ihren Lippen ablas und verstand. Er würde der Platzhalter sein, sie der Kundschafter. Normalerweise hätte er darauf bestanden, die Rollen zu tauschen, aber er wußte, daß sie leistungsfähiger war. Er hockte sich dort nieder, wo sie hingezeigt hatte.

Tamme bewegte sich zwischen den Musikerformationen hindurch. Sie bildeten nicht direkt Reihen oder Gruppen, hatten sich aber auch nicht völlig zufällig aufgestellt. Das Ganze hatte eine gewisse fremdartige Ordnung - ein großes Muster wie bei den Blättern an einem Baum oder den Sternen am Himmel.

Irgendwo hier gab es einen weiteren Projektor - vielleicht.

Wo? Er war nicht sichtbar. Konnten die Fremden - tatsächlich waren sie keine Fremden, sondern Einheimische, da es sich um ihre Alternativwelt handelte - konnten sie ihn weggebracht haben? Irgendwie zweifelte er daran. Die Wesen hatten vom Eindringen der Menschen absolut keine Notiz genommen. Warum sollten sie sich um ein mechanisches Gerät kümmern, das keine Musik machte? Vielleicht befand es sich im Inneren eines ihrer Instrumente. Nein, wenn sie gingen, wäre es verloren, und das war keine vernünftige Alternative!

Er dachte über die Musiker nach. Wo gingen sie während ihrer Spielpausen hin? Oder waren sie für immer hier verankert? Er hatte keinen gesehen, der sich entfernte. Seltsam!

Aber zurück zum Projektor: Konnte er sich in einem der boxartigen Sitze befinden? Dort schien ausreichend Platz zu sein. In welchem? Fünfzig oder hundert von ihnen waren in Sichtweite. Und wie konnte er an sie herankommen?

Tamme bewegte sich in größer werdenden Spiralen. Er konnte sie hin und wieder zwischen den Musikern ausmachen. Nach ein paar weiteren Kreisen würde sie unsichtbar sein. Die massierten Musiker versperrten ab einer gewissen Entfernung die direkte Sicht.

Nun, das war ein Problem, dessen Lösung er Tamme überließ. Sie wollte nicht, daß er sich einschaltete, und vielleicht hatte sie recht. Trotzdem, man mußte sich erst daran gewöhnen - aber Tamme war anders als Aquilon.

Veg schüttelte den Kopf. Er war sich nicht sicher, welche Sorte Mädchen er lieber mochte. Natürlich war es mit ihm und Aquilon vorbei. Und sinnlos mit Tamme, trotz der einen Nacht, die sie angeboten hatte. Sie war nicht sein Typ. Dennoch, es schadete nichts, ein bißchen zu spekulieren.

Dieses zufällige Wechseln von Alternativwelt zu Alternativwelt. war es wirklich zufällig? Es erinnerte ihn an etwas. An ein Kinderspiel, ein Puzzle, ein Faltspiel mit flexiblen Hexagonen.

»Hexaflexagon!« rief er aus. »Alterkeits- Hexaflexagon!«

Tamme war so schnell da, daß er überrascht aufsprang. »Was ist los?« Er konnte sie jetzt verstehen. Die Musik war zu einer sanften Passage übergegangen.

»Nichts«, sagte er dümmlich. »Ich habe nur nachgedacht.«

Sie ließ die Sache auf sich beruhen. »Ich habe den Projektor lokalisiert.«

»Großartig!« sagte er erleichtert.

Da sie sich nun einmal auf dieser Achterbahn befanden, zog er es vor, die Fahrt nach vorne fortzusetzen. Die Vorstellung, hier zu bleiben oder in die Blizzardwelt zurückzukehren, hatte ihm ganz und gar nicht geschmeckt.

»Wie sind Sie auf die richtige Box gekommen?«

»Töne. Die Boxen sind hohl. Der Projektor veränderte die Akustik.«

»Oh. Sie haben sich also auf die Musik gestützt. Clever.«

Musik und Hexaflexagone, dachte er. Er folgte ihr zu der Stelle.

Es handelte sich um den Sitz eines Baßgeigenspielers. Die oktopusartige Kreatur umarmte die Box fast völlig, wobei vier ihrer Tentakel die Enden der vier Saiten niederdrückten, während vier andere den Bogen handhabten. Die Töne waren tief und süß. Das Wesen hatte wirklich ein Gefühl für Musik!

»Du bist ziemlich gut«, sagte Veg zu ihr.

Aber das Klangvolumen war wieder angeschwollen und ließ seine Worte untergehen. Der Musiker ging nicht auf ihn ein.

Tamme hockte sich nieder, griff nach der Box und entfernte eine Platte. Im Inneren befand sich einer der